Ein Zuhause für alle – Ein Mehrgenerationenhaus planen

Engpässe in der Pflege und Probleme bei der Kinderbetreuung kann ein Mehrgenerationenhaus lösen. Aber wohnen Enkel, Kinder und Eltern in einem Haus, herrscht nicht nur heile Welt. Getrennte Räume und der Schutz der Privatsphäre sind beim Planen des Baus wichtig.

Zunächst sind diverse rechtliche Fragen zu klären: Wie sehen die Besitzverhältnisse aus? Was ist, wenn sich ein Ehepartner nach einer Scheidung seinen Anteil am Haus ausbezahlen lassen will? Wer soll das Haus erben, wenn die Besitzer – oft sind das die Großeltern – sterben? Alle Einzelheiten sollten sie untereinander und mit einem Rechtsanwalt besprechen, rät Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren. „Je mehr Bewohner im Grundbuch stehen, desto problematischer kann es werden, wenn die Konstellation im Haus in die Brüche geht.“ Sinnvoll sei es, wenn einer alleine den Neu- oder Umbau finanzieren kann und die anderen zur Miete wohnen.

Michael Henne aus Groß Escherde in Niedersachsen hat dieses Modell gewählt: Er wohnt mit Frau und vier Kindern im Haupthaus. Seine Eltern leben gleich daneben in einem ebenerdigen Bungalow – zur Miete. Als die Planungen für ein neues Eigenheim begannen, fragte Henne seine Eltern, ob sie mit einziehen wollen. Über die Größe des Anbaus und die Gestaltung konnten sie dann mitbestimmen. „Sonst war mir aber wichtig, dass das Projekt in meinen Händen liegt.“ Klappt eine solche Finanzierung nicht, empfiehlt Reinhold-Postina, über eine Realteilung des Besitzes nachzudenken – mit abgetrennten Wohnungen. „Diese können bei Auszug einer Partei leichter verkauft werden.“

Merhgenerationenhaus_Henne_ebz_focus-online

Bild (dpa): Architekt Frank Melchior (ebz) und Michael Henne sind zufrieden mit dem Ergebnis

In dem Fall sollte der Bebauungsplan mehrere Wohneinheiten pro Haus oder zumindest Einlieger-Wohnungen erlauben, schränkt Jakob Oberpriller ein. Der Architekt aus Hörmannsdorf bei Landshut hat einige Mehrgenerationenhäuser geplant. „Das Wichtigste ist: Jede Generation braucht private Rückzugbereiche“, betont er. Keiner sollte das Gefühl haben, dass andere Familienmitglieder ihn beaufsichtigen.

Häufig begeistern sich gerade Oma und Opa für Gartenarbeit – sie bauen Obst und Gemüse an oder pflegen Blumen. Dagegen wollen die Enkel lieber auf der Wiese spielen. „Hier müssen klare Verhältnisse geschaffen werden“, sagt Oberpriller. Bei aller Trennung soll das Familienleben aber nicht zu kurz kommen, denn das macht Mehrgenerationenhäuser so besonders. Es werden Gemeinschaftsbereiche festgelegt, an denen sich zwanglos getroffen werden kann.

Bei der Familie Henne erfüllen der Garten und die Terrassen diesen Zweck. Ansonsten sind die Bereiche klar getrennt. „Es wurde kein direkter Durchgang von einem zum anderen Haus angelegt“, erklärt Michael Henne. „Wenn ich etwas von meinen Eltern will, kann ich nicht einfach hereinplatzen, sondern klingele an der Haustür.“

„Es braucht eine Eingewöhnungszeit“, sagt Henne. Es gilt, Grenzen zu stecken und die Privatsphäre des anderen zu akzeptieren. „Beide Seiten sollten auch offen Probleme ansprechen“, rät er. Sein Zwischenfazit nach 18 gemeinsamen Monaten fällt aber positiv aus: „Ich würde es nochmal so machen.“ Er schätzt, dass die Großeltern auch mal auf die Kinder aufpassen können. „Man gewinnt an Flexibilität, etwa wenn der Kindergarten einmal ausfällt.“ Auch seine Eltern genießen das Zusammensein mit den Enkeln. Als Kinderaufpasser vom Dienst müssen sie aber nicht herhalten, betont Henne. „Das sind eher die Ausnahmen von der Regel.“